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Kurzinhalt:
Tempe hat sich diesmal mit Knochenfunden verbuddelt in dem Keller einer Pizzeria zu befassen. Alt ? Jung? Mafia? Serienkiller ? Wer waren diese Menschen?
Meinung:
Wie immer sehr spannend geschrieben. Diesmal aber nicht so blutrünstig wie in einigen anderen ihrer Bücher. Meiner Meinung nach auch von der beklemmenden Thematik her eines ihrer besten.
Autorin:
Kathy Reichs wurde 1950 in Chicago geboren. Sie besuchte dort auch die High School und schloß ihr Studium an der University Northwestern als Ph.D. mit Auszeichnung ab. Heute arbeitet sie als eine von nur 50 zertifizierten forensischen Anthropologinnen in den USA und Kanada für das „Office of the Chief Medical Examiner“ in North Carolina und für das „Laboratoire des Sciences Judiciaires et de Médecine Légale“ für die kanadische Provinz Quebec. Außerdem ist sie Professorin für Anthropologie an der Universität von North Carolina und ist häufig Expertenzeugin bei Kriminalfällen. Sie doziert beim FBI in Quantico über Spurenerkennung und -sammlung. Für die Regierung war sie bei der Identifizierung von Leichen aus verschiedenen Kriegsschauplätzen tätig.
Ihr erster Temperance-Brennan-Roman gewann 1997 den „Crime Writers of Canada´s Arthur Ellis Award“ für die beste Erstveröffentlichung. Der Roman wurde bereits in 15 Sprachen übersetzt und war ein großer internationaler Erfolg, den sie mit Death du Jour noch steigern konnte.
Leseprobe .........
Aus dem Amerikanischen von Klaus Berr
1
Monday, Monday …
Can’t trust that day …
Diese Melodie spielte eben in meinem Kopf, als in dem engen unterirdischen Raum, in dem ich mich befand, ein Schuss knallte.
Mit weit aufgerissenen Augen sah ich, wie nur einen Meter von mir entfernt Muskeln, Knochen und Eingeweide gegen Fels klatschten.
Einen Augenblick lang wirkte der verstümmelte Körper wie festgeklebt und glitt dann, eine Spur aus Blut und Haaren hinter sich her ziehend, nach unten.
Obwohl ich noch immer kauerte, wirbelte ich herum.
„Assez!“ Das reicht!
Sergeant-détective Luc Claudels Brauen zogen sich zu einem V zusammen. Er senkte seine Neun-Millimeter, steckte sie aber nicht in den Halfter.
„Ratten. Diese Teufelsbrut.“ Claudels Französisch war abgehackt und nasal, was seine Herkunft aus einem Ort ein Stückchen flussaufwärts verriet.
„Werfen Sie Steine“, blaffte ich.
„Dieser Mistkerl war groß genug, um sie zurückzuwerfen.“
Das stundenlange Kauern in Kälte und Feuchtigkeit an einem Dezembermontag in Montreal forderte jetzt seinen Tribut. Meine Knie protestierten, als ich mich aufrichtete.
„Wo ist Charbonneau?“, fragte ich, während ich zuerst einen gestiefelten Fuß drehte und dann den anderen.
„Befragt den Besitzer. Ich wünsche ihm viel Glück. Der Trottel hat den IQ von Erbsensuppe.“
„Der Besitzer hat das hier entdeckt?“ Ich deutete auf den Boden hinter mir.
„Non. Le plombier.“
„Was hatte der Klempner denn im Keller zu tun?“
„Das Genie hat neben der Kloschüssel eine Falltür entdeckt und beschlossen, eine Expedition in den Untergrund zu starten, um sich mit den Abwasserrohren vertraut zu machen.“
Ich dachte an meinen eigenen Abstieg über die wackelige Treppe und fragte mich, warum jemand dieses Risiko auf sich nehmen sollte.
„Die Knochen lagen auf der Erde?“
„Er sagte, er sei über etwas gestolpert, das aus dem Boden ragte. Dort.“
Claudel deutete mit dem Kinn auf eine flache Senke direkt vor der Südwand. „Hat es rausgezogen. Und dem Besitzer gezeigt. Und gemeinsam waren sie dann in der örtlichen Bücherei, um in der Anatomiesammlung nachzuschauen, ob der Knochen von einem Menschen stammen könnte. Haben sich ein Buch mit schönen bunten Bildern geholt, vermutlich weil sie nicht lesen können.“
Ich wollte eben weiter nachfragen, als über uns etwas klickte. Claudel und ich schauten hoch, weil wir seinen Partner erwarteten.
Anstelle von Charbonneau sahen wir eine Vogelscheuche von einem Mann in einem knielangen Pullover, ausgebeulten Jeans und schmutzig blauen Nikes. Ringelschwänzchen quollen unter einem roten Kopftuch hervor.
Der Mann kauerte in der Tür und zielte mit einer Wegwerf-Kodak auf mich.
Claudels V wurde noch tiefer und seine Papageiennase noch dunkelroter. „Tabernac!“
Es klickte noch zweimal, dann krabbelte der Mann mit dem Kopftuch zur Seite.
Claudel steckte seine Halbautomatik in den Halfter und legte die Hand auf das hölzerne Geländer. „Bis die SIJ kommt, werfen Sie Steine.“
SIJ – Section d’Identité Judiciaire. So nennt man in Quebec die Spurensicherung.
Ich sah zu, wie Claudels perfekt gewandeter Hintern durch die kleine rechteckige Öffnung verschwand. Obwohl es mich reizte, warf ich keinen einzigen Stein.
Oben gedämpfte Stimmen, das Poltern von Stiefeln. Hier unten nur das Summen des Generators für die Scheinwerfer.
Mit angehaltenem Atem lauschte ich den Schatten um mich herum.
Kein Quieken. Kein Scharren. Kein Pfotengetrippel.
Ich schaute mich schnell um.
Keine Knopfaugen. Keine nackten, schuppigen Schwänze.
Die kleinen Mistkerle formierten sich wahrscheinlich gerade für eine weitere Offensive.
Auch wenn ich Claudels Problemlösungsstrategie nicht guthieß, in einer Sache stimmte ich mit ihm überein. Ich konnte gut ohne die Nager auskommen.
Froh, dass ich für den Augenblick allein war, konzentrierte ich mich wieder auf die modrige Kiste zu meinen Füßen. „Dr. Energy’s Power Tonic. Todmüde? Dr. Energy’s bringt deine Knochen zum Tanzen“.
Diese Knochen nicht mehr, Doc.
Ich starrte den grausigen Inhalt der Kiste an.
Der Großteil des Skeletts war zwar noch mit Dreck verkrustet, doch einige Knochen waren bereits sauber gebürstet. Ihre Oberfläche wirkte im harten Licht der Strahler kastanienbraun. Ein Schlüsselbein. Rippen. Ein Becken.
Ein menschlicher Schädel.
Verdammt.
Quelle